Schauspiel von Heiner Müller
»Ich war Hamlet. Ich stand an der Küste und redete mit der Brandung BLABLA, im Rücken die Ruinen von Europa.« Mit diesen Worten eröffnet Heiner Müller sein Stück, in dem persönliche Erfahrungen, historische Ereignisse und Shakespeares größter Zögerer Hamlet gleichberechtigt nebeneinanderstehen.
Bei Müller ist Hamlet nicht mehr als ein Bote seiner Gedanken, alles ist längst geschehen. Handeln scheint für den jungen Prinzen, überfordert von einer modernen, sich ständig verändernden Welt, überhaupt nicht mehr möglich zu sein. Ernüchtert rekapituliert dieser Hamletdarsteller die wichtigsten Eckpunkte des Dramas. Doch nicht nur er kommt dabei zu Wort – neben ihm tritt auch Hamlets Geliebte, Ophelia, auf und immer wieder scheint der Autor selbst zu sprechen, bis am Ende Elektra das Wort hat und der Shakespearekosmos vollends verlassen wird.
Heiner Müller arbeitet in diesem Text mit vielfachen Überschreibungen, lakonisch und desillusioniert zeichnet er nicht nur das Bild des großen Zweiflers Hamlet, sondern zuvorderst das einer übersättigten Gesellschaft. Zwischen Alltagsbeobachtungen, Gedanken zu Gewalt und der unausweichlichen Logik von Töten und Getötetwerden blitzen jedoch auch immer wieder utopische Bilder auf. Sie erzählen vom radikalen Bruch mit Konventionen, von totaler Verweigerung oder revolutionären gesellschaftlichen Umbrüchen.
Geschrieben 1977 besitzt dieser Text auch heute noch eine erschreckende Aktualität. Durch eine Vielzahl persönlicher Bezüge Müllers und die Auseinandersetzung mit dem Leben in der DDR spürt das Stück der zeitlosen Sehnsucht nach einem besseren Leben nach und spiegelt durch Hamlet das Gefühl der Ohnmacht einfühlsam und nahbar wider.
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